Wir bauen einen Abenteuertag – Das Design von Dungeons and Dragons 5e (Teil 2)

Im letzten Artikel haben wir uns die Gründe dafür angeschaut, warum viele Kämpfe in Dungeons und Dragons zu leicht wirken. Einer der Hauptgründe ist die Nicht-Verwendung des Abenteuertages. Die fünfte Edition von D&D ist so aufgebaut, dass die einzelnen Kämpfe an sich nicht sonderlich tödlich sind, sondern erst in Kombination die Spielercharaktere nach und nach zwingen, ihre Ressourcen aufzubrauchen und dadurch schwieriger werden, weil sie in den letzten Kämpfen dann keine Zauberplätze mehr haben oder die Trefferpunkte schon niedrig sind.

Im heutigen Artikel wollen wir mal beispielhaft so einen Abenteuertag entwerfen. Das Ganze wird zu einem kleinen Abenteuer, das man als One-Shot spielen oder auch in bestehende Kampagnen einfügen kann.

Dieser Abenteuertag bzw. dieses Abenteuer wird ganz nach den Regeln im Dungeon Master’s Guide erstellt. Es soll für eine Gruppe von 4 Spielercharakteren der Stufe 4 entworfen werden. Das ist die einzige Festlegung, die ich vor der Erstellung dieses Abenteuers getroffen habe.

Das mechanische Gerüst des Abenteuers

Was müssen wir tun:

  1. XP-Budget festlegen.
  2. Schwierigkeit und Anzahl der Begegnungen festlegen.
  3. Anzahl der Monster und Herausforderungsgrad festlegen.
  4. Monster auswählen.
  5. Fluff dazuschreiben.

Als Erstes legen wir unser XP-Budget fest. Dazu brauchen wir den Dungeon Master Guide auf S. 85. Dort ist eine Tabelle für unser XP-Budget, welches wir für den Abenteuertag haben. Ein Charakter der Stufe 4 verkraftet durch Begegnungen 1700 XP an Herausforderungen, bevor er eine lange Rast einlegen sollte. Wir haben 4 Charaktere, also ist unser Budget für das Abenteuer 6800 XP.

Dann gehen wir auf Seite 82 des DMG, um herauszufinden, was für Begegnungen wir mit diesem XP-Budget bauen können. Für einen Charakter der Stufe 4 und eine Abenteurergruppe gibt es folgende XP Werte für die Begegnungen:

LeichtMittelSchwerTödlich
1 Charakter der Stufe 4125 XP250 XP375 XP500 XP
4 Charaktere der Stufe 4500 XP1000 XP1500 XP2000 XP
Anzahl Begegnungen im Abenteuertag möglich13643

Machen wir es einfach: Wir nehmen für unser Abenteuertag-Gerüst 3 tödliche Begegnungen je 2000 XP. Dann müssen wir  weniger entwerfen und die Spieler werden von Anfang an schwitzen. 3 tödliche Begegnungen hört sich jetzt erstmal schlimm am, aber man muss bedenken, dass eine tödliche Begegnung für eine ausgeruhte Gruppe eigentlich kein Problem darstellt. Auch wenn es nach dem DMG so heißt, zumindest in den ersten Begegnungen werden die Spielercharaktere nicht sterben.

Auf Seite 83 haben wir noch die Multiplikatoren, wenn die Spielercharaktere gegen mehrere Monster kämpfen. Aufgrund der Aktions-Ökonomie sind zwei schwächere Monster mit dem gleichen XP Wert wie ein stärkeres Monster gefährlicher als das einzelne Monster. Das berücksichtigte das DMG, indem es Multiplikatoren einsetzt.

Für unsere Abenteuergruppe bedeutet das Folgendes:

Anzahl Monster (und Multiplikator für Monster XP)Angepasste XP
12000
2 (x 1,5)1333
3-6 (x 2)1000
7-10 (x 2,5)800

Das heißt also, wenn wir z.B. fünf Monster einsetzen wollen, können diese zusammen nur 1000 XP kosten und wären dann genauso gefährlich, wie ein einzelnes Monster, dass 2000 XP wert ist.

Was können wir jetzt für Monster verwenden?

  • HG 1/4 Monster kosten 50 XP,
  • HG 1/2 Monster 100 XP,
  • HG 1 Monster 200 XP,
  • HG 2 Monster 450 XP,
  • HG 3 Monster 700 XP,
  • HG 4 Monster 1100 XP,
  • HG 5 Monster 1800 XP und
  • HG 6 Monster 2300 XP.

Das heißt jetzt für unsere Kampfbegegnungen, dass wir Kämpfe mit der folgenden Anzahl an Kreaturen bauen können:

Anzahl MonsterMonster
1 (2000 XP)1x HG 5 (1800 XP) oder 6 (2300 XP)
2 (1333 XP)HG 4 + HG 1 (1300 XP)oder 2 x HG 3 (1400 XP)
3-6 (1000 XP)5 x HG 1 (1000 XP)oder 2x HG 2 + 1 HG 1/2 (1000 XP)oder HG 3 + HG 1 + HG 1/2 (1000 XP)
7-10 (800 XP)8 x HG 1/2 (800 XP)oder HG 1 + 6 x 1/2 (800 XP)oder HG 2 + 7x HG 1/4 (800 XP)

Jetzt wählen wir unsere Monster aus. Dazu gehen wir auf die Seiten 306 bis 309 des DMG, wo wir die Monster aus dem Monster Manual nach Herausforderungsgrad sortiert finden (etwas, was eigentlich ins MM gehört …) und schauen, was uns von den Monstern her so anspricht.

Fangen wir mit einer Begegnung für ein Monster an. Da fällt mir der Magus in den Blick. Der ist HG 6. Er hat viele Zauber, wie z.B. Mächtige Unsichtbarkeit. Das bietet Potenzial … der Magus könnt z.B. angeheuert worden sein, um unsere Gruppe zu töten. Er könnte sich mit Mächtiger Unsichtbarkeit anschleichen und dann aus dem Hinterhalt mit Kältekegel angreifen und … ich merke, dass ich mit einem Magus gegen eine Gruppe der Stufe 4 einen TPK (Total Party Kill) plane. Der Kältekegel macht im Durchschnitt 36 Schaden (halbiert bei geschafftem Geschicklichkeitsrettungswurf). In Runde 2 noch ein Feuerball (im Durchschnitt 28 Schaden) und kein Charakter der Stufe 4 hätte gute Chancen, das zu überleben. Zauberwirker haben häufig eine immens hohe Offensivkraft und eine Gruppe der Stufe 4 hätte einem Magus wenig entgegenzubringen. Eine Gruppe der Stufe 5 könnte wenigstens den Zauber Gegenzauber haben, der ihnen ein Überleben ermöglicht … aber wir behalten den Magus mal im Hinterkopf, falls sie etwas machen, das ihnen den Zorn von wirklich mächtigen Wesen auf sich ziehen lässt. Aber die Idee eines Attentäters, der hinter der Gruppe her ist, ist gut und da eignet sich der Unsichtbare Pirscher. Der ist auch HG 6, aber er macht pro Runde im Durchschnitt nur 20 Schaden gegen eine einzelne Kreatur, nicht 36 gegen eine ganze Gruppe. Weil er unsichtbar ist, ist der unsichtbare Pirscher auch ein ziemlich nerviger Gegner und wir können ihn jederzeit einsetzen. Das heißt, wir notieren ihn uns als eine Kampfbegegnung, die wir jederzeit bringen können. Die Abenteurergruppe wird sich sicherlich genug Feinde gemacht haben, die so eine Kreatur beschwören würden, um sie zu attackieren.

Machen wir mit der Begegnung für zwei Monster weiter. Da fällt mein Blick sofort auf den Geist. Ein Geist lässt sich einfach fast überall einbauen. Er hat ein HG von 4, das heißt, ich kann noch ein Monster des HG 1 auswählen. Und da passt zu meinem Geist ein Todeshund. Wir halten also fest: Ein Geist und ein Todeshund.

Die Begegnung für 3 bis 6 Monster. Hier sprangen mir sofort die Ghule ins Auge. Die haben einen HG von 1. Ich habe schon einen Geist und einen Todeshund. Da passen Ghule thematisch. 5 Ghule gegen meine Abenteurergruppe … wir sind also auf einem Friedhof oder in einer größeren Gruft oder etwas Ähnlichem.

Die Begegnung für 7 bis 10 Monster. Da unser Thema offensichtlich zu Untoten geworden ist, nehm ich doch gleich die Schatten. Die haben einen HG von 1/2. Also kann ich davon 8 Stück nehmen.

Ich habe jetzt meine drei tödlichen Kampfbegegnungen für unseren Abenteuertag zusammen:

  • Ein Geist und ein Todeshund,
  • 5 Ghule und
  • 8 Schatten.

Den unsichtbaren Pirscher spare ich mir für einen anderen Zeitpunkt auf.

Wir haben jetzt also 3 Kampfbegegnungen, die thematisch zusammenpassen. Tote … Untote … bauen wir also noch Fluff ein. Warum sollten unsere Abenteurer jetzt gegen diese Monster kämpfen und sich nicht nach jedem Kampf zurückziehen und eine lange Rast machen?

Fluff

Wenn wir uns den Geist anschauen, dann hat der die Fähigkeit der Inbesitznahme. Was könnte er damit anstellen? Der Geist entführt jemanden. Er nimmt ihn in Besitz und bringt ihn zum Friedhof oder zu dem Ort, an den der Geist gebunden ist, vielleicht ein altes Anwesen. Damit unsere Abenteuergruppe wirklich darauf anspringt, nimmt er Kinder in Besitz. Einmal zu jedem Vollmond oder einmal im Jahr. Und die verschwundenen Kinder werden nur tot wieder gefunden oder gar nicht. Der Geist ist der ruhelose Geist eines Kinderhassers, der von der Stadt/dem Dorf gelyncht wurde und so seine Rache nimmt. Sein Todeshund war sein treuer Begleiter im Leben.

Damit haben wir also eine tickende Uhr. Wenn die Spielercharaktere nicht den Geist verfolgen, dann wird das Kind in dieser Nacht sterben. Sie haben keine Zeit für eine lange Rast.

Der Geist wird dabei immer stärker und jedes getötete Kind erwacht als Schatten. Diese Schatten hetzt er auf die Abenteurergruppe, wenn diese versuchen, ihn zu verfolgen.

Und wo kommen die Ghule ins Spiel?

Die Ghule befinden sich auf dem Friedhof oder dem Anwesen, sie fürchten sich vor dem Geist und meiden ihn, aber sie greifen alle Lebenden an, die sich nachts in ihr Gebiet trauen. Der Geist nutzt die Ghule also als Wachen.

Dann können wir noch ein paar “Fallen” einbauen. Die ein oder andere Krypta ist alt, in der die Abenteurer den Geist verfolgen, oder das Anwesen hat morschem Boden, der einstürzen könnte, Deckenteile könnten lose sein – so kriegen wir noch die 800 XP unter, die von unserem Abenteuertag-Budget übrig sind und lockern die Zeit zwischen den Kämpfen etwas auf.

Damit haben wir also ein kleines Sidequest für unsere Abenteuergruppe entworfen, welches dem Abenteuertag entspricht. Es hat mich nur eine Stunde gekostet es zu entwerfen. Die ganzen Schritte für euch hier aufzuschreiben hat dabei wesentlich länger gedauert.

Etwas aufgehübscht sieht dass dann in meinen Notizen am Ende so aus:

Das Haus des Horrors

Gregorius Graus war ein alter, vergnatzer Greis, der immer die Kinder von seinem Rasen vertrieb. Eines Tages brachen Kinder als Mutprobe in sein Haus ein – er vermutete Einbrecher und tötete die Kinder. Das führte dazu, dass die Stadtbewohner von Lynchian Gregorius Graus lynchten. Mit seinem Todeshauch verfluchte er die Kinder der Stadt und kam als Geist wieder (sein Hund blieb ihm treu und folgte ihm in den Tod und kam als Todeshund wieder). Und jedes Jahr zu seinem Todestag verlässt er das Haus in der Nacht und nimmt ein Kind in Besitz, um es zu seinem Haus zu bringen. Dort sperrt er es ein und verfolgt es. Er spielt die Nacht wieder, die zu seinem Tode geführt hat. Die Kinder versuchen sich jedes Jahr zu verstecken, doch der Geist findet sie immer wieder und tötet sie. Die Leichen lässt er in seinem alten Haus liegen. Diese werden dann von den Ghulen (eine Familie von 5) eingesammelt, die im Keller hausen (sie haben sich, angelockt von dem Geruch der toten Kinder und der Bösartigkeit des Geistes, einen Tunnel vom Friedhof bis in den Keller des Anwesens gegraben). Von den Leichen der Kinder erwachen Schatten (8 Stück, da Gregorius vor 9 Jahren getötet wurde), die unter der Kontrolle von Gregorius stehen und mit denen er Eindringlinge in sein baufälliges altes Haus vertreibt.

Als die Abenteuergruppe in der Stadt Lynchian weilt, wird sie von einem besorgten Elternpaar angesprochen. Ihr Kind ist grad verschwunden. Jedes Jahr verschwindet ein Kind und taucht nie wieder auf – und das seit dem Tod von Gregorious Graus.

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A.B. Funings Blog