Ein immersiveres Rollenspielerlebnis schaffen – Suspension of Disbelief und Verisimilitude

„Ich bin Grondor Feuerhammer, Zwergenkrieger und hier, um meine Familie zu rächen!“

„Ich bin Hondo Marelius, menschlicher Magier und will die Geheimnisse der Ruinen von Kardor erkunden!“

„Ich bin Talena Morgenstern, Halbelfin und Klerikerin und will Geld verdienen, um das Waisenhaus meines Ordens zu unterstützen.“

„Ich bin Maxi-3 Robotron, Cyborg-Hacker und will den Kapitalismus stürzen!“

(Tisch-)Rollenspiele erfreuen sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit und sind längst kein Nischenhobby mehr. Sie bieten den Spielenden die Möglichkeit, fantastische Welten zu erforschen und in die Rollen von Figuren zu schlüpfen, die sie schon immer sein wollten. Im Gegensatz zu anderen Spielen und Medien ist das Spielerlebnis nur durch die eigene Vorstellungskraft begrenzt und ermöglicht unvergleichliche Abenteuer.

Um jedoch wirklich in die Welt des Rollenspiels einzutauchen, ist es wichtig, die “ willentliche Aussetzung des Unglaubens “ (engl. „willing suspension of disbelief“) (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Willentliche_Aussetzung_der_Ungl%C3%A4ubigkeit) aufrechtzuerhalten. In diesem Artikel wollen wir die Bedeutung des „Suspension of Disbelief“ und seine Beziehung zur „Verisimilitude“, der Wahrheitsnähe (https://en.m.wikipedia.org/wiki/Verisimilitude) untersuchen und nützliche Ratschläge geben, wie man beides im Spiel aufrechterhalten und kultivieren kann.

Was ist Suspension of Disbelief?

Suspension of Disbelief ist ein Begriff, der häufig in der Unterhaltungsindustrie verwendet wird, insbesondere in der Literatur, im Film und in Videospielen. Wenn wir eine Geschichte erleben, die fantastische oder unmögliche Elemente enthält, müssen wir bereit sein, unsere Skepsis und unseren Glauben an das, was wir für möglich halten, für eine Weile auszusetzen. Wenn wir unsere natürliche Neigung zur Kritik zurückstellen, können wir uns tiefer in die Handlung und die Charaktere einfühlen und das Erlebnis genießen.

Ein tiefes Eintauchen in die Handlung und die Charaktere ist bei Rollenspielen besonders wichtig. In einem Rollenspiel übernimmt jeder Spieler/jede Spielerin die Rolle eines Charakters in der Geschichte. Es geht darum, in die Rolle des Charakters zu schlüpfen und so zu handeln, als wäre man tatsächlich in der Spielwelt. Wenn die Spieler:innen die fantastischen Elemente oder, schlimmer noch, die gewöhnlichen Elemente der Welt hinterfragen oder kritisieren, kann dies die Immersion stören und das Spielerlebnis beeinträchtigen.

Daher ist die Fähigkeit, die Suspension of Disbelief aufrechtzuerhalten, entscheidend für ein erfolgreiches Rollenspiel. Durch das Einlassen auf die Spielwelt können die Spieler:innen tiefer in die Geschichte eintauchen und ein Gefühl der Verbindung mit den Charakteren und der Welt aufbauen. Dies führt zu einzigartigen und lohnenden Erlebnissen, die oft lange in Erinnerung bleiben.

Die Suspension of Disbelief kann aber auch leicht zerstört werden und jeder Mensch hat eine individuelle Grenze, ab wann die Suspension of Disbelief einfach nicht mehr möglich ist. Und wenn diese Grenze überschritten wird, ist man aus der Geschichte heraus. Sie kommt einem dann zu unglaubwürdig und unrealistisch vor. Und manchmal sind es Kleinigkeiten, die einen herausreißen.

Beispiel – der verhungernde, übergewichtige Mann

Eines der bekanntesten Beispiele der letzten Jahre stammt aus Game of Thrones: Samwell Tarley, ein Mitglied der Nachtwache, wird in der Serie von einem etwas fülligeren Mann dargestellt und es gab Kritik, dass es unrealistisch sei, dass er während der Serie nicht abnimmt.

Der Schauspieler sagte daraufhin in einem Interview, dass die Leute sich nicht so haben sollten. In der Serie gibt es White Walker, Magie und Drachen und sein Gewicht ist das Unglaubwürdige?

Das ist leider ein schwaches Argument.

Mich persönlich hat es jetzt nicht aus der Serie gerissen, weil der Fokus der Serie jetzt nicht wirklich auf dem Verhungern der Nightwatch lag, aber ich kann durchaus verstehen, warum es einige Zuschauer gestört hat. Weil hier für manche eine Grenze überschritten wird, wo sie ihren Unglauben nicht mehr freiwillig aufgeben können.

Aber warum stört diese Leute das Gewicht einer Figur mehr als Drachen, Zombies und Magie?

Aus mehreren Gründen:

  1. Es gehört zu unserem unmittelbaren Erfahrungsbereich. Fast jeder Mensch hat Erfahrungen mit Gewichtszunahme und -abnahme, mit Hunger, mit Über- und Untergewicht. Selbst wenn man es nicht selbst erlebt hat, kennt man Menschen, die es erlebt haben. Das heißt, wenn in einem Film, in einem Buch, in einem Spiel etwas passiert, das im direkten Gegensatz zu unseren eigenen Erfahrungen und unserem eigenen Wissen steht, dann kann es uns sehr leicht aus der Bahn werfen. Deshalb ist es für Experten auf einem Gebiet schwieriger, sich Filme, Bücher und Serien auf diesem Gebiet anzuschauen. Polizisten schauen weniger Krimis, Raketeningenieure seltener schlecht gemachte Science-Fiction-Filme. Anwälte haben häufiger Probleme mit Anwaltsserien usw. usf.
  2. Suspension of Disbelief (SoD) ist nicht unendlich. Man kann nur eine begrenzte Anzahl von fantastischen und unmöglichen Elementen akzeptieren, bevor die SoD gebrochen wird. Man braucht mentale Kapazität, um fantastische Elemente wie Drachen, Magie und Weltraumflüge zu akzeptieren, und hat dann weniger mentale Energie übrig, um Ungereimtheiten in nicht-fantastischen Elementen zu akzeptieren. Und unser Gehirn hasst Widersprüche. Und sobald es einen wahrnimmt, reißt es uns sofort heraus.  Deshalb ist es wichtig, dass die nicht-fantastischen Elemente so realistisch wie möglich sind, um die mentale Kapazität, die für die Aufrechterhaltung der SoD erforderlich ist, so gering wie möglich zu halten.
  3. Gerade weil die Suspension of Disbelief ein mental anstrengender Akt ist, sind es gerade die kleinen, für andere unwichtig erscheinenden Details, die einen aus einer Geschichte herausreißen können. Für diejenigen, die nicht durch das Übergewicht eines hungernden Charakters aus der Geschichte gerissen werden, ist es dann meist unverständlich, warum man sich jetzt an diesem unwichtigen Detail so aufhängt – aber für diejenigen, für die Suspension of Disbelief gebrochen wurde, ist es dann eben kein unwichtiges Detail mehr. Es ist dann der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, die 5 kg zusätzliche Hantelscheibe, die es unmöglich macht, das Gewicht beim Bankdrücken wieder von der Brust zu bekommen, es ist der letzte Zug an der überdehnten Sehne, der sie zum Reißen gebracht hat …
  4. Durch den Konsum bestimmter Medien trainieren wir uns, bestimmte Dinge leichter zu akzeptieren und unsere SoD leichter zu erreichen. Wer von Kindesbeinen an mit Fantasy-Geschichten über Zwerge, Elfen und Drachen aufwächst, wird seine Ungläubigkeit, wenn es um Fantasy-Geschichten geht, leichter unterdrücken können als jemand, der noch nie mit dem Fantasy-Genre in Berührung gekommen ist. Allgemein akzeptierte Elemente und Handlungsweisen, die es uns leicht machen, unseren Unglauben zu unterdrücken, werden als Tropes bezeichnet (vgl. https://tvtropes.org/ ).

Fassen wir für dieses Beispiel zusammen: Damit wir eine Geschichte über Drachen, Zombies und Magie wirklich genießen können, ist es wichtig, dass hungernde Menschen auch wie hungernde Menschen aussehen. Denn dadurch wird die Geschichte stärker in der Realität verankert.

Und diese Verankerung in der Realität nennt sich Verisimilitude.

Was ist Verisimilitude?

In der Philosophie ist Verisimilitude oder Wahrheitsnähe ein Maß, mit dem man bei verschiedenen Theorien überprüfen kann, welche der Wirklichkeit näher kommt.

Im Zusammenhang mit Medien, also Filmen, Büchern, Serien und Spielen, wird Verisimilitude eher als Anschein von Realität verwendet. Es geht also nicht darum, ob etwas wirklich real oder realistisch ist, sondern „nur“ darum, ob es real wirkt. Es ist also mehr ein Gefühl, ein subjektives Empfinden. Wirkt dieses Spiel, dieser Roman, dieser Film realistisch auf mich?

Je größer das Gefühl der Verisimilitude, des Anscheins von Realität ist, desto leichter fällt es, den Unglauben abzuschalten, desto leichter fällt also die Suspension of Disbelief.

Verisimilitude bezieht sich auf alle Aspekte, alle Komponenten eines Films, eines Romans oder eines Spiels. Wirken die Figuren echt? Wirkt die Welt real? Wirken die Spezialeffekte real? Wirken die Handlungen und Entscheidungen der Charaktere / NPCs real?

Verisimilitude arbeitet auf verschiedenen Ebenen:

  • Verisimilitude bezieht sich einmal auf den Kontrast zur realen Welt, z.B. handelt der Charakter so, wie eine reale Person in der realen Welt handeln würde? Fahren die Autos wirklich so in der realen Welt (wenn es nicht gerade ein übertriebener Actionfilm ist)? Sieht Regen wirklich so aus (wenn es sich z.B. um CGI-Regen handelt)?
  • Verisimilitiude bezieht sich aber auch auf die Genre-Erwartungen der Zuschauer. Wenn ich mir einen Film anschaue und erwarte, dass es sich um eine Komödie handelt, dann bin ich bereit, meinen Unglauben in bestimmten Bereichen auszuschalten, z.B. in Bezug auf das Verhalten der Charaktere (denn viele Komödien arbeiten ja damit, dass sich die Charaktere in der realen Welt unglaubwürdig komisch verhalten und so diesen Kontrast schaffen, um komische Situationen zu erzeugen). Wenn sich die Komödie dann aber als übernatürlicher Horrorfilm entpuppt, bricht das mit meinen Genreerwartungen und reißt mich aus dem Film. Meine Suspension of Disbelief ist gestört. Und wir alle haben diese Erwartungen an allgemeine Genres (Science Fiction braucht futuristische Technologien, Aliens und Raumschiffe; Horror braucht böse Monster; High Fantasy muss wie Herr der Ringe aussehen …) oder an sehr spezielle (Star Trek muss wie The Next Generation, Voyager oder Deep Space Nine aussehen, sonst ist es nicht Star Trek, sondern nur generische SciFi, wo man den Namen Star Trek draufgeklatscht hat!) Deshalb ist es meistens eine schlechte Idee, ein Buch oder einen Film mit dem falschen Genre zu bewerben, und es ist immer gefährlich, mit Genrekonventionen zu brechen. Damit riskiert man immer, einen Teil des Publikums zu vergraulen (manchmal schafft man damit aber auch etwas Neues) – das extremste Beispiel ist wohl Star Wars 8 – The Last Jedi, wo der Regisseur sich vorgenommen hat, alle Erwartungen zu brechen und es geschafft hat, einen Großteil des Publikums zu vergraulen (wobei ich persönlich wenig Probleme mit den gebrochenen Erwartungen und viel mehr Probleme mit dem sehr inkonsistenten Worldbuilding hatte).
  • Verisimilitude bezieht sich aber auch auf die innere Kohärenz der Geschichte. Jede fiktive Welt hat Regeln, explizite (z.B. die Regeln der Magie in den Romanen von Brandon Sanderson) oder implizite (diese Welt ist wie die reale Welt, außer dass es plötzlich Drachen gibt, z.B. in Herrschaft des Feuers). Und wenn diese Regeln, dieser Kanon gebrochen wird, dann verärgert das oft die Fans und reißt sie aus der Geschichte heraus. Wenn am Anfang explizit gesagt wird, dass die Menschen in diesem Universum stinknormale Menschen sind und mitten in der Geschichte, ohne weitere Erklärung, stinknormale Menschen übernatürliche Dinge tun und alle anfangen zu fliegen und Laser aus den Augen schießen, dann sind die internen Regeln gebrochen und der Zuschauer oder Leser fragt sich: „Hä, warum passiert das jetzt gerade?“.

Und das fasst Verisimilitude ziemlich gut zusammen:

  • Immer dann, wenn der Leser/Zuschauer/Spieler verwirrt fragt, wie das, was gerade passiert, denn sein kann, das ist doch unlogisch/widerspricht doch der bisherigen Geschichte, dann ist man realitätsfern, hat keine Verisimilitude und bricht die Suspension of Disbelief.
  • Je höher der Grad der Verisimilitude, desto leichter ist es, die Suspension of Disbelief aufrechtzuerhalten.

Die Herausforderungen von Suspension of Disbelief beim Rollenspiel

Tabletop-Rollenspiele (TTRPGs) wie Dungeons & Dragons, Call of Cthulhu oder Cyberpunk bringen nun besondere Probleme für die Suspension of Disbelief mit sich. Während man bei Romanen, Filmen, Serien und teilweise auch bei Computerspielen nicht direkt mit dem Regelsystem, der Erschaffung, den Mechaniken dahinter konfrontiert wird, ist der direkte Kontakt mit den Regeln und Mechaniken bei TTRPGs Teil des Spielkonzepts.

Während man beim Betrachten eines Films nicht sieht, wie der Film gemacht wird, während man beim Spielen eines Computerspiels oft nicht sieht, wie der Computer unter der Haube die Ergebnisse berechnet, ist dies beim TTRPG alles offen.

„Mach einen Angriffswurf, roll einen W20, mach diesen Attributswurf, wie ist dein Skill, du bekommst 5000 Erfahrungspunkte …“. Jede Regelunterhaltung stört Verisimilitude und Suspension of Disbelief, ist aber notwendig, um das Spiel überhaupt spielen zu können.

TTRPGs sind wie Marionettentheater, wo man nicht nur die Fäden sieht, die die Puppen steuern, sondern auch die Puppenspieler selbst, die Beleuchter und den Regisseur, der hinter der Bühne auftaucht und Anweisungen gibt.

Es ist auch kein wirklich visuelles Medium wie der Film oder (in neuerer Zeit) Computerspiele, wo man mit beeindruckenden, real wirkenden Bildern in die Handlung hineingezogen wird. Und anders als beim Roman gibt es nicht nur einen Autor und einen Lektor, die mehrmals über die Geschichte gehen, um Ungereimtheiten und problematische Stellen zu beseitigen, sondern die Geschichte entsteht live am Spieltisch, und im Durchschnitt sind 4 bis 6 Personen gleichzeitig daran beteiligt, sie zu erzählen.

Und doch funktionieren TTRPGs und ihr spielt sie wahrscheinlich alle gerne, sonst wärt ihr wohl kaum auf meinem Blog über RPG-Design gelandet – aber wegen all der genannten Probleme gibt es von vornherein weniger TTRPG-Spieler als beispielsweise Konsumenten von Fantasy-Filmen, Computerspielen oder Romanen. Im Folgenden gebe ich euch ein paar Tipps, wie ihr Verisimilitude nutzen könnt, um den Suspension of Disbelief in euren Rollenspielen zu erhalten. Dabei werde ich Dungeons and Dragons 5th Edition als Beispiel nehmen, wenn es um konkrete Regeln geht. Die Tipps sind aber sicherlich auf viele andere Rollenspiele übertragbar.

5 Praktische Tipps für Verisimilitude zum Erhalt der Suspension of Disbelief

1. Mit den Spielern auf einer Wellenlänge sein.

Es ist wichtig, in einer Session 0 zu klären, welche Art von Kampagne gespielt werden soll und welche Art von Charakteren dafür geeignet sind. Jede Art von Kampagne erfordert unterschiedliche Charaktertypen und Spielstile, und es ist wichtig sicherzustellen, dass die Charaktere in die Spielwelt passen. Ein Abenteuer, das an die Piratenkomödie „Fluch der Karibik“ erinnert, erfordert beispielsweise eher schrullige Charaktere als ein düsteres Abenteuer, bei dem es um das Überleben in einer postapokalyptischen Welt geht. Es ist auch wichtig, sich über die Spielweise der Gruppe zu verständigen und sicherzustellen, dass alle an einem Strang ziehen, um ein möglichst stimmiges und kohärentes Spielgefühl zu erzeugen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Charaktere in die Spielwelt passen und das Abenteuer möglichst erfolgreich verläuft.

2. Langweilige/anstrengende Regeln verwenden

Es gibt viele gute Gründe, warum man in D&D Nahrung, Wasser und Verbrauchsartikel sowie das Gesamtgewicht der Dinge, die man mit sich trägt, verfolgen sollte. In einem früheren Artikel habe ich bereits ausführlich darüber geschrieben. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass die Aufzeichnung dieser Details auch dazu beiträgt, die Spielwelt realistisch zu halten. Indem man aufzeichnet, wie viel man isst und wie viele Pfeile man schießt, wird man tiefer in die Spielwelt hineingezogen und das Gefühl der Realität wird verstärkt. Es mag langweilig erscheinen, Buch zu führen, aber es gibt einem ein stärkeres Gefühl von Wahrhaftigkeit.

Außerdem bilden diese eher langweiligen Aufgaben einen guten Kontrast zu den spannenden Teilen des Spiels, die dadurch noch aufregender wirken. Ohne diese „langweiligen“ Teile wirken die spannenden Teile nicht so spannend. Natürlich kann man ein ganzes Abenteuer nur aus Kämpfen bestehen lassen, aber das wird schnell langweilig. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Action und ruhigeren Phasen hält das Spiel im Gleichgewicht und macht das Erlebnis intensiver.

3. Eine kohärente und in sich logische Spielwelt schaffen.

Die Konsistenz der Weltregeln ist entscheidend für die Glaubwürdigkeit der Spielwelt. Wenn die Regeln plötzlich und ohne klare Begründung geändert werden, kann dies die Immersion der Spieler stören und das Vertrauen in die Welt, in der sie sich bewegen, untergraben.

Das bedeutet nicht, dass es keine Veränderungen in der Welt geben kann. Aber wenn die Regeln der Welt geändert werden müssen, sollte dies aus Gründen der Story geschehen und mit den Spielern diskutiert werden. Die Änderungen sollten auch nachvollziehbar und konsistent sein, damit sich die Spieler nicht aus der Welt herausgerissen fühlen.

Ein weiterer Aspekt der Konsistenz ist die Einhaltung von Regeln und Verhaltensweisen innerhalb des Spiels. Wenn Spieler ungestraft Regeln brechen oder sich unangemessen verhalten können, leidet die Glaubwürdigkeit der Spielwelt. Es ist wichtig, dass sich die Charaktere und NPCs im Rahmen der Welt bewegen und die Konsequenzen ihrer Handlungen tragen müssen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Regeln der Spielwelt konsistent sein müssen, um die Immersion des Spielers aufrechtzuerhalten. Wenn Änderungen notwendig sind, sollten sie aus Gründen der Story erfolgen und mit den Spielern besprochen werden. Charaktere und NPCs sollten im Rahmen der Welt agieren und die Konsequenzen ihrer Handlungen tragen müssen.

4. Beschreibe eine lebendige Spielwelt im Detail.

Gehe auf scheinbar unwichtige Details ein und beschreibe Dinge, die für uns in der Realität normal sind und die wir vielleicht gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Beschreibe zum Beispiel jedes Mal das Wetter, wenn die Charaktere draußen sind. Jeder weiß, wie das Wetter ist und wie es funktioniert, aber durch eine kurze Beschreibung verankerst du die Charaktere stärker in der Spielwelt, auch wenn das Wetter eigentlich keine Rolle spielt. Beschreibe den Geruch des Fischmarktes oder die Hintergrundgespräche der NPCs, auch wenn sie keine wichtige Rolle im Spiel spielen. Beschreibe einige Häuser in der Stadt oder zufällige Szenen, die sich dort abspielen. Beschreibe, wie ein Händler einen Kunden bedient und dabei tratscht, wenn Charaktere einen Laden betreten usw.

Zusammenfassend können zwei Tipps gegeben werden: Beschreibe die Spielwelt detailliert und so, als wäre sie real, auch wenn die Charaktere nicht da sind. Zweitens: Beschreibe scheinbar unwichtige Details wie das Wetter, Gerüche oder Geräusche der Umgebung, um die Charaktere und die Spielwelt lebendiger zu machen und den Spieler stärker in die Spielwelt hineinzuziehen.

5. Eine sich verändernde Spielwelt erschaffen

 Eine lebendige Spielwelt, die sich auch ohne direktes Eingreifen der Spieler verändert, kann dazu beitragen, die Verisimilitude zu erhöhen und das Gefühl zu vermitteln, dass die Welt tatsächlich existiert und nicht nur eine statische Kulisse ist. Wenn die Spieler das Gefühl haben, dass sich die Welt auch ohne ihr Zutun weiterentwickelt, fühlen sie sich eher als Teil einer größeren Geschichte und nicht als alleinige Akteure in einer leeren Kulisse. Dies kann auch dazu führen, dass die Spieler Entscheidungen treffen müssen, die auf Veränderungen in der Welt basieren, anstatt einfach bekannten Pfaden zu folgen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Welt unvorhersehbar sein muss. Der Spielleiter kann planen, wie sich die Welt entwickeln wird, und die Spieler können mit ihren Handlungen und Entscheidungen darauf reagieren. Letztendlich geht es darum, eine Welt zu erschaffen, die lebendig und dynamisch ist und nicht statisch und vorhersehbar.

Fazit

Dies sind nur einige Tipps, wie man Verisimilitude nutzen kann, um die Suspension of Disbelief in Rollenspielen aufrecht zu erhalten. Die Liste ist natürlich nicht erschöpfend und es gibt viele weitere Aspekte, die berücksichtigt werden können, um die Immersion im Spiel zu verbessern. In zukünftigen Artikeln werde ich weitere Tipps zur Aufrechterhaltung der Suspension of Disbelief vorstellen oder detaillierte auf einzelne Punkte von dieser Liste eingehen. Ich hoffe, dieser Artikel hat euch gefallen und euch geholfen, eure Spiele noch lebendiger und realistischer zu gestalten. Wenn ihr Fragen, Anregungen oder Diskussionsbedarf habt, hinterlasst einfach einen Kommentar.

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Euer A.B Funing

2 Gedanken zu „Ein immersiveres Rollenspielerlebnis schaffen – Suspension of Disbelief und Verisimilitude“

  1. Ich werde das Folgende sowohl im Blog als auch bei Facebook kommentieren.
    Tatsächlich, wenn ich den Inhalt dieses Beitrags als gegeben nehme (fast jeder im TTRPG-Bereich gibt ja unterschiedliche oder ähnliche Ratschläge), dann bin ich froh, dass mir der gesamte Inhalt keine neuen Erkenntnisse brachte. Denn all die Tipps, die ich hier bekomme, wende ich bereits seit der ersten Sitzung an (und bytheway, wir hatten nie eine Session Zero). Ich bekomme ständig das Feedback, wie immersiv und glaubwürdig ich die Welt gestalte und meine Spieler investieren sehr viel Zeit, Emotionen und Gedanken in diese Welt, in der sie sind. Es sind jetzt 31 Sitzungen plus vereinzelte Soloquesten, das alles läuft seit fast zwei Jahren Echtzeit, ingame ist noch nicht ganz ein Jahr vergangen, und sie haben gerade mal den 2. Arc in einer riesigen Kampagne abgeschlossen. Und obwohl ich keinen strikten Pfad der Darstellung verfolge (es wird alles genutzt, von Theatre of Mind und Papierbildern, die an Büroklammern vom Schirm hängen, über Legogebäuden und einfach gebastelten 2D-Bäumen, bis hin zu aufwändiger gebastelten Häusern und bemalten sowie bemalt gekauften Miniaturfiguren – von diversen Props wie echt aussehenden Dokumenten, mit Kerzenwachs versiegelten Botschaften oder aber auch simplen handschriftlichen Notizzetteln für erhaltene Gegenstände mal ganz abgesehen), obwohl ich also keinen strikten Pfad der Darstellung verfolge, haben meine Spieler die Gelegenheit, richtig tief einzutauchen, und ich bin in der Lage, Emotionen in ihnen zu erwecken für Situationen oder Figuren, die außerhalb unseres Spiels eigentlich keine Rolle spielen. Aber wir alle lernen durch das Spiel miteinander dazu, es ist heilsam, unterhaltsam und spannend, obwohl wir auch kniffligere, anstrengendere und auch mal gelangweilte Momente überstanden haben. Wir unterhalten uns zeitweise abseits unserer Sitzungen über Dinge, die ingame passiert sind, und meine Spieler äußern Wünsche, die sie für ihre Charaktere haben, und hin und wieder lasse ich das einfließen. Wir haben eine tolle Zeit damit, selbst obwohl manchmal die Luft oder Lust raus ist, weil das reale Leben manchmal zu anstrengend ist. Wir finden immer wieder zurück und haben den Spaß unseres Lebens.

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    • Es klingt so, als hättest du eine großartige Gruppe von Spielern und dass du eine fantastische Arbeit geleistet hast, um eine immersiv und glaubwürdig gestaltete Welt zu schaffen. Es ist beeindruckend, wie viel Zeit und Mühe du in die Gestaltung der Spielwelt investierst, und es ist großartig zu hören, dass deine Spieler so viel in die Welt investieren und dass ihr auch außerhalb des Spiels darüber sprecht. Es ist auch bemerkenswert, dass ihr trotz schwieriger Momente immer wieder zurückfindet und den Spaß am Spiel genießt. Ich denke, dass es genau das ist, was das Spiel so großartig macht – es bietet uns eine Möglichkeit, in eine andere Welt einzutauchen und Abenteuer zu erleben, während wir gleichzeitig lernen, uns weiterentwickeln und miteinander Spaß haben. Ich freue mich darauf, mehr darüber zu lesen, wie du die Welt deines Spiels gestaltest und wie deine Spieler darauf reagieren.

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